Austausch auf Augenhöhe ist sehr bereichernd
„Magdeburg ist wie meine zweite Heimat geworden“, erklärt der 28-jährige Dr. Atsuhiro Tsuchiya während des Interviews. Im Mai 2016 kam der Neurowissenschaftler mit seiner Frau und seinem Kind aus Japan nach Magdeburg. Hier forschte er für ein Jahr als Gastwissenschaftler in der Abteilung Genetik und Molekulare Neurobiologie des Instituts für Biologie unter Anleitung von Prof. Dr. Oliver Stork.
Im Team von Prof. Stork beschäftigte sich Dr. Tsuchiya mit den zellulären Mechanismen der Hirnentwicklung und erforschte, wie Synapsen von Nervenzellen gebildet werden. „Die OVGU ist nicht so bekannt wie die Harvard oder Boston University, aber die technischen Möglichkeiten und das wissenschaftliche Niveau meines gastgebenden Labors sind exzellent“, beschreibt er. Nach Magdeburg kam er aufgrund persönlicher Kontakte von Prof. Stork mit Wissenschaftlern der Toyo Universität in Japan, wo Dr. Tsuchiya Anfang 2016 promoviert hatte.
Im Laufe seines Forschungsaufenthaltes konnte Dr. Tsuchiya einige wichtige neue Erkenntnisse darüber gewinnen, wie die Bildung von Synapsenbestandteilen in Nervenzellen geregelt wird. Mit den Ergebnissen seiner Studien arbeitet die Arbeitsgruppe weiter, um auch Prozesse der Gedächtnisbildung im Gehirn besser zu verstehen und zu klären, wie sich Stress und Alterungsprozesse auf diese auswirken. Dr. Tsuchiyas Arbeit wurde aus dem Innovationsfonds der OVGU gefördert und sein Projekt ist in die Aktivitäten lokaler Forschungsnetzwerke wie den Sonderforschungsbereich 779 „Neurobiologie motivierten Verhaltens“ sowie das Center for Behavioral Brain Sciences eingebunden.
Neurowissenschaftler Dr. Atsuhiro Tsuchiya im Laborraum der Abteilung Genetik und Molekulare Neurobiologie des Instituts für Biologie.
Nicht nur aufgrund der Entfernung, sondern auch wegen der unterschiedlich entwickelten Kulturformen und Traditionen ist in Japan vieles anders als in Deutschland. Dazu gehören beispielsweise Umgangs- und Höflichkeitsformen – und diese sind dem jungen Wissenschaftler besonders aufgefallen. „Der Austausch und Umgang mit den Kollegen in Deutschland passiert auf Augenhöhe und ist sehr bereichernd. Ein großer Unterschied zu Japan ist es, dass im Labor und am Arbeitsplatz ein eher lockeres und freundschaftliches Verhältnis gepflegt wird“, beschreibt Dr. Atsuhiro Tsuchiya begeistert.
Der allgemeine Tages- und Arbeitsablauf verläuft jedoch sehr ähnlich: Man kommt morgens zur Arbeit und geht erst, wenn die Aufgaben am Ende des Tages erledigt sind. Dem Nachwuchswissenschaftler ist aufgefallen, dass in Deutschland trotzdem auch darauf geachtet wird, genügend Freizeit als Ausgleich zu haben und nicht, wie in Japan üblich, immer bis spät abends im Büro zu sitzen. Er selbst wird auch den täglichen Arbeitsweg mit dem Rad entlang der Elbe sehr positiv im Gedächtnis behalten.
Dr. Tsuchiya hat es als Bereicherung empfunden, in einem sehr international aufgestellten Team zu arbeiten. Durch den Kontakt mit Forschern und Mitarbeitern aus Pakistan, Griechenland, Portugal, der Türkei und Deutschland konnte er wertvolle kulturelle Erfahrungen sammeln und seine Englischkenntnisse ausbauen. Dies wird ihm künftig bei der wissenschaftlichen Arbeit, dem Erstellen von Publikationen und dem Umgang auf internationalen Meetings helfen.
Dr. Atsuhiro Tsuchiya ist inzwischen wieder in sein Heimatland zurückgekehrt, um eine Stelle als Assistenzprofessor an der Universität Kanagawa anzutreten. Gern wäre er länger in Deutschland geblieben und sicherlich wird er den Kontakt zu den Kollegen an der OVGU halten. Magdeburg und die Arbeit an der Universität haben ihm sehr gefallen.